Geht es in NRW noch gerecht zu? Im WDR-Zuschauer-Talks "Ihre Meinung" ging es um die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Die Zuschauer diskutierten engagiert und äußerten ihren Unmut. Viele fühlen eine große Ungerechtigkeit. Schon im Vorfeld der zweiten Ausgabe der Sendung "Ihre Meinung" hat eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap festgestellt, dass die gefühlte Gerechtigkeit in Deutschland auf der Kippe steht. 45 Prozent sagten dabei, es gehe nicht mehr gerecht zu. Auch in der Sendung von Bettina Böttinger äußerten viele Menschen dieses Gefühl. Zum Beispiel Marie-Louise Gillessen. Die 76-Jährige war über 40 Jahre lang in der Pflege tätig und arbeitet jetzt noch weiter als Pflegerausbilderin. Das Problem: Sie erhält nur 926 Euro Rente. "Ich kann meinen Lebensstandard nur halten, wenn ich nebenher noch arbeite", sagte sie. "Sonst müsste ich in den Mülltonnen wühlen." Bettina Böttinger begrüßte in der Sendung Marie-Christine Ostermann und Stefan Sell Jeder Fünfte von Armut bedroht Ein anderer 64-jähriger Zuschauer muss mit 757 Euro Rente auskommen - und geht deshalb noch Flaschen sammeln. 47 Jahre hat der Mann als Berufskraftfahrer gearbeitet. "Ich muss immer weiter arbeiten, bis zum Tod", sagte er. Wie ihm geht es vielen Menschen in NRW. Denn in unserem Bundesland ist jeder Fünfte von Armut bedroht. Kein Wunder, dass die Tafeln immer mehr Zulauf haben. Die Ankunft der zahlreichen Flüchtlinge hat auch dazu geführt, dass sich beispielsweise bei der Tafel in Mechernich die Anzahl der Bedürftigen innerhalb eines Jahres verdoppelt hat. Die Folge: ein Verteilungskampf zwischen den Ärmsten. Armutsforscher Stefan Sell sieht eine zunehmende Ungleichheit in der Gesellschaft. "Nicht nur die Armut wächst, sondern auch der Reichtum einiger weniger." Die Menschen unten würden gegen die Menschen noch weiter unten aufgehetzt. "Die Sozialpolitik ist kleinteilig", so Sell. "Den Leuten, die heute schon wenig Geld haben, nimmt man noch mehr Geld weg." Eine Zuschauerin aus Remscheid kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Politiker. "Die schaffen es ganz geschickt alle Gruppen gegeneinander auszuspielen und sitzen das Thema Rente und Gerechtigkeit aus." "Schieflage schon vor der Flüchtlingskrise" Speziell Alleinerziehende oder berufstätige Mütter werden in ihrem Alltag immer wieder vor Probleme gestellt. So schilderte Simone Menzel aus Mönchengladbach, dass sie keinen Platz in einer offenen Ganztagsschule für ihre Kinder erhalten hat, obwohl sie alle Kriterien dafür erfüllt habe. "Jetzt muss ich schauen, wie ich das kompensiere", sagte sie. Selbst der Bürgermeister könne ihr nicht helfen. Altersarmut schon heute Realität Ein weiteres großes Problem ist die Altersarmut. Die Infratest dimap-Umfrage für den WDR-Zuschauer-Talk hat ergeben, dass 65 Prozent der Befragten sich nicht ausreichend für das Rentenalter abgesichert fühlen. Bei den Jüngeren sind es sogar 78 Prozent. Das Problem der Altersarmut gebe es heute bereits, sagte Armutsforscher Sell. "Das wird von den Politikern aber noch geleugnet." Man steuere auf eine große Welle der Altersarmut zu. Zuschauerin Angela Kemmerling ist Reha-Beraterin und Mutter von fünf Kindern. Die 49-Jährige hat wegen ihrer Selbstständigkeit die Kinder parallel zu ihrer Arbeitstätigkeit bekommen. "Ich weiß jetzt schon, dass ich in die Altersarmut gehe", sagte sie.
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Ich glaube an die Wahrheit. Sie zu suchen, nach ihr zu forschen in und um uns, muß unser höchstes Ziel sein. Damit dienen wir vor allem dem Gestern und dem Heute. - Ohne Wahrheit gibt es keine Sicherheit und keinen Bestand. Fürchtet nicht, wenn die ganze Meute aufschreit. Denn nichts ist auf dieser Welt so gehasst und gefürchtet wie die Wahrheit. - Letzten Endes wird jeder Widerstand gegen die Wahrheit zusammenbrechen wie die Nacht vor dem Tag!" - Theodor Fontane (1819 - 1898)